Stellantis reagiert auf rückläufige Verkaufszahlen mit Angriffen auf seine Produktionsarbeiter. Im Eisenacher Opel-Werk, in dem der SUV Grandland gebaut wird, standen letzte Woche erneut die Bänder still. Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Monats waren im Oktober 1100 Beschäftigte gezwungen, freie Tage abzufeiern.
Sie sind nicht die einzigen: Eisenach ist eins von sechs europäischen Werken, in denen die Europa-Direktion in diesem Herbst die Produktion vorübergehend stilllegen ließ. In Poissy bei Paris ruhte die Montage von Modellen wie Opel-Mokka, DS2 und DS3 mehr als zwei Wochen lang; auch in den Werken in Saragossa (sieben Tage), Tychy Polen (neun Tage), Madrid (14 Tage) und Pomigliano d’Arco bei Neapel (2 Wochen) blieben die Fließbänder stehen.
Schon vor über einem Jahr, im Oktober 2024, hatte der damalige Stellantis-CEO Carlos Tavares der Zeitung Les Echos erklärt, dass Stellantis Werkschließungen ausdrücklich nicht ausschließe. Der Stellantis-Chef (inzwischen von Antonio Filosa abgelöst) erklärte damals im Interview, dass infolge eines verschärften Zoll- und Handelskriegs in Europa bis zu sieben Werke von Schließung betroffen sein könnten. Dies könnte die Vernichtung von bis zu 25.000 Arbeitsplätzen, zehn Prozent der globalen Konzernbelegschaft, bedeuten.
Seither sind europäische Stellantis-Arbeiter – ob in Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland oder Großbritannien – akut von Stellenstreichungen und Werkschließung bedroht. Und die gut bezahlten Gewerkschaftsführer, die sich zu Unrecht „Arbeitnehmervertreter“ nennen, setzen die Angriffe durch, während sich die Manager und Aktionäre bereichern.
Als die Opelwerke im Jahr 2017 von General Motors an PSA übergingen, warnte die WSWS:
Die IG Metall und ihre Betriebsräte spielen eine tragende Rolle für die Durchsetzung der Sparvorhaben in der Belegschaft. Sie sind in den Umstrukturierungsprozess von Anfang an mit eingebunden. (…) Ihr Ziel besteht darin, den neu entstandenen Konzern für den bevorstehenden Umbruch auf dem europäischen Automarkt fit zu machen. In Zeiten des Handelskriegs unterstützen die Gewerkschaften die Übernahmen und Fusionen, die es „ihren“ Konzernen erlauben, nur die wirklich profitablen Teile der Produktion zu erhalten und zehntausende „Überkapazitäten“ abzubauen.
Zwei Jahre später fusionierte PSA im Jahr 2019 mit Fiat-Chrysler zu Stellantis, dem weltweit viertgrößten und europaweit (nach VW) zweitgrößten Autokonzern, zu dem neben Opel die Marken Abarth, Alfa Romeo, Citroen, DS Automobiles, Dodge, Fiat, Jeep, Lancia, Maserati, Peugeot und Vauxhall gehören. Seither hat sich die Warnung der WSWS vollkommen bestätigt.
Die Strategie der IG Metall und der anderen Metallgewerkschaften in Europa, die Arbeiterinteressen der „Wettbewerbsfähigkeit“ und nationalistischen Standortpolitik unterzuordnen, hat den Niedergang in keiner Weise aufgehalten – im Gegenteil. Jahr für Jahr haben die Beschäftigten auf Tariferhöhungen, Weihnachts- und Urlaubsgelder verzichtet. Aber dennoch sind Tausende Arbeitsplätze vernichtet und ganze Werke geschlossen worden, wie das Opel-Werk in Aspern im Juli 2024 und das Vauxhall-Werk in Luton im März 2025.
Auch über dem Opel-Stammwerk Rüsselsheim hängt mittlerweile das Damoklesschwert der Schließung. Der Werkzeugbau und die Fahrzeugentwicklung wurden schon geschlossen. Auch hat das Testgelände Rodgau-Dudenhofen nahe Rüsselsheim, nach fast 60jährigem Bestehen, den Betrieb Ende Oktober eingestellt. Es verfügte über 70km Teststrecken mit allen Schikanen und war europaweit bekannt. Zuletzt wurde es vom Technologie-Zulieferer Segula betrieben, der das Internationale Technische Entwicklungszentrum ITEC von Opel übernommen hatte, das früher über 7.000 Forscher und Techniker beschäftigte. Inzwischen befindet sich auch Segula in der Insolvenz.
Im Dezember 2024 wurde in Rüsselsheim die Produktion vom Zweischichtbetrieb auf nur noch eine Schicht umgestellt. Wo einst 40.000 Beschäftigte rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb arbeiteten, sind es heute noch etwa 1.500 Produktionsarbeiter, die den Astra und den DS4 montieren, und fast jeder zweite von ihnen ist ein Leiharbeiter, der von heute auf morgen gekündigt werden kann. Immer wieder kommt es zu Zwangspausen mit Kurzarbeit, auf die dann Überstunden und Samstagarbeit folgen.
In Rüsselsheim kursiert die bange Frage: Wie lange noch? Betriebsrat und IG Metall haben im Juli einem aggressiven Programm der „freiwilligen“ Aufhebungsverträge zugestimmt, um noch mehr Stellenstreichungen durchzusetzen. Alle Maßnahmen werden ausdrücklich „in Absprache mit der IG Metall und dem Opel-Betriebsrat umgesetzt“.
Die Strategie der IG Metall und des Betriebsrats hat sich als verheerend erwiesen: Die Funktionäre haben dem schleichenden Niedergang nichts entgegengesetzt und ihn aktiv mit organisiert. Gleichzeitig verhindert die IG Metall jeden wirkungsvollen Kampf, indem sie die Arbeitenden in Festangestellte und Leiharbeitende und in Noch-Beschäftigte und Schon-Gekündigte spaltet.
Besonders verheerend sind die Spaltung und das Gegeneinander-Ausspielen der Standorte und Länder in der jetzigen Situation, in der ein europaweiter gemeinsamer Kampf um jeden Arbeitsplatz dringend notwendig ist. Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre vertreten nicht die Interessen der Kolleginnen und Kollegen, sondern des jeweiligen Managements und der Aktionäre, der Wirtschaft und der Regierung. Die IG Metall in Deutschland unterstützt inzwischen ganz offen den Kriegskurs der regierenden Koalition aus CDU/CSU und SPD in Berlin.
Während die Neuwagen auf Halde stehen und Stellantis sich über einen Rückgang des europäischen Absatzes um 8 Prozent beklagt, können die Opelaner sich mit ihren Löhnen die Wagen, die sie selbst bauen, nicht mehr leisten. Nun sollen sie auch noch die Kosten für den globalen Zollkrieg und die Konkurrenz aus Fernost tragen, während die Regierung einen Kriegshaushalt durchsetzt.
Stellantis-Arbeiter in Kanada und den USA haben sich vor kurzem verpflichtet, gemeinsam und grenzüberschreitend für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Löhnen zu kämpfen. Gegen den Ausverkauf durch ihre jeweiligen Gewerkschaftsführer, die genauso nationalistisch sind wie die IG Metall, kämpfen diese Arbeiter für den Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees und schließen sich in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) zusammen.
Diese Kolleginnen und Kollegen sind mit der MAGA-Politik der Trump-Regierung konfrontiert, die auch der UAW-Gewerkschaftschef Shawn Fain unterstützt. Am 14. Oktober gab Stellantis bekannt, dass es seine Pläne, ein Jeep-Modell in Kanada herzustellen, aufgrund von Trumps Zollpolitik aufgeben und stattdessen die Produktion in einem stillgelegten amerikanischen Werk (Belvidere, Illinois) wiederaufnehmen werde.“ Das setzt die Arbeiter in beiden Ländern unter Druck.
Weder die UAW noch ihr kanadisches Pendant Unifor haben irgendetwas unternommen, um die Entlassungen zu verhindern. Wie die IG Metall fungieren diese Gewerkschaften als Betriebspolizei, um den Wirtschaftskrieg im Auftrag der Finanzoligarchen durchzusetzen. So lobte UAW-Präsident Fain Trumps Zölle, weil sie „Tausende guter Gewerkschaftsarbeitsplätze in die USA zurückgebracht“ hätten.
Der Mack-Truck-Arbeiter Will Lehman hat dies klar zurückgewiesen. Er hat kanadische wie amerikanische Arbeiter gemeinsam zur Verteidigung jeden Arbeitsplatzes aufgerufen.
Lehman erklärte: „Unsere größte Stärke ist unsere internationale Einheit. Nur durch grenzüberschreitende Solidarität können wir sinnvoll kämpfen und unsere Arbeitsplätze verteidigen.“ Und er rief alle Arbeitenden auf, in jedem Betrieb Aktionskomitees aufzubauen, „die von ihnen selbst demokratisch kontrolliert werden. Das kann nur unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie und den Parteien der Großkonzerne gelingen, denn diese bieten uns keine andere Zukunft als Armut, Krieg und Diktatur.“
Auch in Rüsselsheim, Eisenach und in allen Stellantis-Werken ist es notwendig, unabhängige Aktionskomitees aufzubauen. Und die Stellantis-Arbeitenden werden tausende Verbündete finden, denn gerade in Deutschland, dem einstigen „Exportweltmeister“, ist die gesamte Auto- und Zulieferindustrie hart betroffen. Die Konzerne kennen auf die Krise nur eine Antwort: Arbeitsplatzabbau. Von noch 716.000 Beschäftigten in diesem Sektor ist jede vierte Stelle bedroht. Ob bei Volkswagen, Mercedes, Ford, Audi, Bosch, ZF oder Schaeffler, überall verlassen sich die Manager auf die IG Metall, um den Arbeitsplatzabbau durchzusetzen.
Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) kämpft dafür, eine neue Organisationsstruktur von unabhängigen Aktionskomitees aufzubauen, die es ermöglicht, die enorme Kraft der Arbeiterklasse wirksam werden zu lassen. Diese Kraft besteht aus vielen Millionen Beschäftigten, die den gesamten gesellschaftlichen Reichtum schaffen.
Nur so wird es möglich sein, den verheerenden Niedergang aufzuhalten und umzudrehen, den Kampf gegen die Massenentlassungen und Lohnsenkung mit dem Kampf gegen Krieg zu verbinden und endlich das Prinzip von Karl Marx zu verwirklichen: „Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“
Wenn du am Aufbau eines unabhängigen Aktionskomitees teilnehmen möchtest, setze dich mit uns in Verbindung und fülle bitte das untenstehende Formular aus.
