„Workers Lives Matter!“

IWA-RFC veranstaltet erste Anhörung zum Tod des Automobilarbeiters Ronald Adams

IWA-RFC-Veranstaltung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025

Am 27. Juli folgten rund 100 Arbeiter und Jugendliche einer Einladung der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC), um an der ersten öffentlichen Anhörung zum Tod des Automobilarbeiters Ronald Adams Sr. teilzunehmen. Der 63-jährige Arbeiter kam am 7. April im Stellantis Dundee Engine Complex ums Leben, als ein Brückenkran plötzlich ansprang und ihn erdrückte.

Das Treffen fand auf dem Marygrove Campus im Stadtteil Bagley in Detroit statt, wo Ronald Adams aufgewachsen ist und wo seine Familie noch immer lebt. Unter den Teilnehmenden befanden sich Adams' Witwe Shamenia Stewart-Adams, andere Familienmitglieder und Beschäftigte des Werks in Dundee. Die ehemaligen Kollegen von Adams waren trotz der Androhung da, dass sich eine Teilnahme negativ auswirken kann. Hinzu kamen Automobilarbeiter aus anderen Werken der Region sowie Postangestellte, Lehrkräfte, Studierende und Menschen aus dem Stadtviertel.

Die Anhörung war eine kraftvolle Reaktion der Arbeiter auf das monatelange Schweigen von Stellantis, der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) und der Arbeitsschutzbehörden. Sie schloss mit der einstimmigen Verabschiedung einer Resolution zur Fortsetzung und Ausweitung der Untersuchung, zur Unterstützung anderer Opfer von unsicheren Arbeitsplätzen und zum Aufbau von Aktionskomitees zur Durchsetzung sicherer Arbeitsbedingungen als Teil einer internationalen Kampagne, die den Opfern für den Profit ein Ende setzen soll.

Lawrence Porter spricht anlässlich der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams. am 27. Juli 2025

Lawrence Porter, Vorstandsmitglied der Socialist Equality Party und ehemaliger Automobilarbeiter, leitete die Sitzung. Er prangerte das kapitalistische System an, das den Tod von jährlich 140.000 US-Arbeitern durch Verletzungen und Berufskrankheiten als bloße „Betriebskosten“ betrachtet. Er verglich den Tod von Ronald Adams mit anderen vermeidbaren Tragödien, darunter die Todesfälle von Antonio Gaston im Toledo Assembly Complex und vom 19-jährigen Brayan Canu Joj, der in einem Fleischwolf in einer Burrito-Fabrik in Kalifornien sein Leben verlor.

Diese Todesfälle, so Porter, seien „Opfer in einem Klassenkrieg“, der Arbeiter aller Hausfarben, Nationalitäten und jedes Geschlechts betreffe. „Wir sind hier, um ein Zeichen zu setzen: Workers' Lives Matter“, erklärte er unter dem Beifall des Publikums.

Der Mack Trucks-Arbeiter Will Lehman, der als sozialistischer Kandidat für das Amt des UAW-Vorsitzenden im Jahr 2022 antrat und führendes Mitglied des IWA-RFC ist, betonte die allgemeine Bedeutung der Anhörung. „Bei dieser Anhörung geht es nicht nur darum, die Umstände eines einzelnen Todesfalls zu untersuchen“, sagte er. „Unser Ziel ist nichts Geringeres als die Beendigung der tödlichen Bedingungen, die den Arbeitern in den Fabriken und an den Arbeitsplätzen auf der ganzen Welt aufgezwungen werden.“

Will Lehman spricht anlässlich der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025

Adams, so Lehman, habe einen Ruf als „Schutzengel des Werks“ gehabt, aber kein einzelner Arbeiter könne Sicherheit garantieren „in einem System, in dem der Profit Vorrang vor dem menschlichen Leben hat“. Er verwies auf tödliche Katastrophen in der Industriegeschichte - vom Grubenunglück in Courrières in Frankreich, bei dem 1.100 Bergleute ums Leben kamen, über den Brand im Triangle Shirtwaist 1911 bis hin zum Brand in einer Spielzeugfabrik in Thailand 1993 und dem Gebäudeeinsturz in Bangladesch 2013, bei dem mehr als 1.100 Bekleidungsarbeiterinnen ums Leben kamen. All dies, so Lehmann, sei ein Ergebnis davon, dass der Unternehmensgewinn über das menschliche Leben gestellt werde.

Lehman forderte die Arbeiter auf, das Gefühl der Ohnmacht abzulegen. „Wir müssen erkennen, dass die Gefahr unserer Untätigkeit größer ist als die Gefahr, dass wir in unserem besten Interesse handeln“, sagte er. Er forderte die Bildung von Aktionskomitees mit echten Befugnissen in jedem Betrieb als Teil eines umfassenderen Kampfes für die Kontrolle über die Produktion durch die Arbeiter.

Shamenia Stewart-Adams und Familienmitglieder bei der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025

Shamenia Stewart-Adams wurde mit stehenden Ovationen bedacht, als sie sich an die Menge wandte, während Familienmitglieder hinter ihr standen. „Ich stehe heute nicht nur als trauernde Ehefrau vor euch, sondern als Stimme für jede Mutter, jede Ehefrau, jede Familie, die mit ansehen musste, wie ein geliebter Mensch zur Arbeit ging und darauf vertraute, dass er sicher nach Hause zurückkehren würde“, sagte sie.

Sie fuhr fort: „Ich habe weder von der MIOSHA [der zuständigen Behörde Michigan Occupational Safety and Health Administration] noch von der [Gewerkschaft] UAW eine Antwort erhalten. Kein Brief, kein Anruf, kein einziges Wort, das erklärt, warum oder wie das passiert ist... Unsere Familie verdient es, die Wahrheit zu erfahren, und wir verlangen die Wahrheit - nicht nur für mich und unsere Kinder, sondern für jede Familie, die im Stillen gelitten hat.“

Sie forderte Adams' Kollegen auf, sich zu melden. „Ich weiß, dass einige von euch bedroht wurden... Aber ich bitte euch mit allem, was ich habe, den Mut zu finden, euch zu melden“, sagte sie. „Denn was meinem Mann passiert ist, kann jedem von euch wieder passieren.“

Es folgte eine Audiobotschaft von „John“, einem Arbeiter aus Dundee, der bei der Arbeit verletzt wurde. Er beschrieb das „Chaos“, das während der Startphase ausbricht, wenn „die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist“. Vor seiner Verletzung seien seine wiederholten Beschwerden sowohl von der Gewerkschaft als auch von der Geschäftsleitung ignoriert worden. „Wir sind wie Sklaven“, fügte er hinzu.

John sprach von Adams' großem Engagement für die Sicherheit und seinem Fachwissen als ausgebildeter Flugzeugmechaniker. „Nicht ein einziges Mal hat er gesagt: ‚Wir können [eine Abschaltung als Sicherheitsvorschrift] umgehen.' Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ronnie etwas betreten hätte, wenn er wusste, dass der Strom nicht abgeschaltet ist“, sagte er. Er drängte auf Unterstützung für die IWA-RFC-Untersuchung und erklärte: „Die Gewerkschaft steckt mit dem Management unter einer Decke... Das muss aufhören... Wenn wir die Kontrolle hätten - die Arbeiter - würden wir die Produktionskette stoppen.“

WSWS-Reporter Jerry White hielt einen ausführlichen Vortrag über die Ergebnisse des IWA-RFC, die aus Dutzenden von Interviews mit Arbeitern, Familienangehörigen und Sicherheitsexperten in Dundee gewonnen wurden. Er zitierte den Autopsiebericht von Adams, der nur durch einen Antrag auf Informationsfreiheit erhältlich war. Im Bericht heißt es, dass Adams katastrophale Verletzungen aufwies, die laut White vergleichbar waren mit solchen, die im Zuge „eines Flugzeugabsturzes oder einer Explosion von Kampfmitteln“ verursacht werden

Jerry White spricht anlässlich der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025

White berichtete, dass ein Programmierer von Fives Cinetic, der direkt zusammen mit Adams an dem Waschportalsystem gearbeitet hatte, sagte, Adams kenne die Maschine „von Anfang an“. Der Programmierer vermutete, dass das Portal während der Wartungsarbeiten ein falsches Signal empfangen haben könnte, das anzeigte, dass die Teilewaschmaschine bereit war, was die fatale Bewegung auslöste. Trotz dieser kritischen Einsicht, so White, wurde der Programmierer „nie von Stellantis, der UAW oder der MIOSHA befragt“.

Mehrere Arbeiter berichteten, dass die Verriegelungs- und Freischaltungsmaßnahmen routinemäßig mit von der Geschäftsleitung verteilten „Cheater-Keys“ umgangen wurden. „Dieses Werk verstößt ständig gegen seine eigenen Sicherheitsrichtlinien, um die Teile zu verkaufen“, zitierte White einen Arbeiter. Nach Adams' Tod ordnete die Geschäftsleitung unter Androhung der Kündigung die Rückgabe der fraglichen Freischalt-Schlüssel an.

White zeigte interne E-Mails, die von Arbeitern an das IWA-RFC weitergeleitet worden waren und in denen die Rückgabe der Schlüssel gefordert wurde. Er zitierte einen ehemaligen OSHA-Beamten, der dem IWA-RFC sagte: „Es klingt, als hätte Dundee praktisch kein funktionierendes Lockout/Tagout-System. Das ist ein vorsätzlicher Verstoß, und wenn genug Cheater-Keys im Umlauf waren, grenzt das an kriminelle Fahrlässigkeit.“

Autoarbeiter und IWA-RFC-Mitglied Max sprach leidenschaftlich über den psychologischen Tribut, den unsichere Arbeitsbedingungen fordern. „Ronnie ist nicht durch einen Unfall gestorben“, sagte er. „Er starb, weil das System, in dem wir leben, den Profit über die Menschen stellt... Wir müssen unsere eigenen Sicherheitsbedingungen in den Werkshallen in jedem Betrieb durchsetzen.“

Ruth, eine Postangestellte, die aus Pennsylvania zu der Anhörung angereist war, brachte den Tod von Adams mit den fatalen Bedingungen in Verbindung, denen die Beschäftigten des Postdienstleisters USPS ausgesetzt sind. „Wir haben vier Kollegen aufgrund von hitzebedingten Verletzungen verloren - drei allein in diesem Jahr“, sagte sie. „Die Temperaturen in den Lastwagen erreichen über 50 Grad Celsius.“ Und weiter: „Wir müssen die Stimme für Ron Adams und jeden anderen Arbeiter sein... Wir brauchen eine lautere Stimme für Gerechtigkeit und Wahrheit.“

Ein wichtiger Bestandteil der Veranstaltung war die Verlesung von Grußbotschaften von Arbeitern aus aller Welt, darunter eine Tonaufnahme von Automobilarbeitern in Mexiko, die ihre Unterstützung für die Untersuchung zum Ausdruck brachten und die ähnlich gefährlichen Bedingungen beschrieben, denen sie ausgesetzt sind. Schätzungsweise 2,9 Millionen Arbeiter sterben jedes Jahr an Verletzungen am Arbeitsplatz und Berufskrankheiten - fast 8.000 jeden Tag.

WSWS-Chefredakteur David North spricht anlässlich der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025

David North, Chefredakteur der WSWS, ergriff gegen Ende des Treffens das Wort und fasste die wichtigsten aufgeworfenen Fragen zusammen.

North beschrieb, dass Verletzungen und Todesfälle am Arbeitsplatz die notwendige Folge des Kapitalismus sind. „Der Begriff ‚Unfall‘ wird oft verwendet, aber ist dieser Begriff angemessen? Wenn Sie durch Ihr Zimmer gehen und stolpern, könnte das ein Unfall sein. Aber wenn wir Ereignisse erleben, die mit erstaunlicher Regelmäßigkeit auftreten ... dann handelt es sich nicht mehr um bloße Zufälle im herkömmlichen Sinne des Wortes. Wir sehen, wie es zwangsläufig dazu kommt.“

„Dies ist das Ergebnis des Systems, in dem wir leben, nicht nur in diesem Land, sondern in allen Teilen der Welt. Unser soziales Leben, unser Wirtschaftsleben ist so organisiert, dass es ständig diese Katastrophen produziert, und sie werden weitergehen, wenn nicht ein Weg gefunden wird, das System, das diese Katastrophen produziert, zu beenden.“

Dies könne nur geschehen, so North, wenn die Arbeiterklasse das kapitalistische System durch den Sozialismus ersetze und das Wirtschaftsleben auf die Grundlage der menschlichen Bedürfnisse anstatt des privaten Profits stelle.

An die jüngeren Mitglieder der Familie Adams gewandt, schloss er: „Lasst uns dafür sorgen, dass die Welt, in der ihr aufwächst, eine Welt ist, in der solche Schrecken niemals mehr stattfinden. Wenn ihr älter werdet und darüber sprecht, was eurem Großvater oder eurem Vater widerfahren ist, werdet ihr sagen: ‚So war das früher, bevor die Arbeiterklasse auf den Plan trat und verstand, was vor sich ging, und die Welt veränderte und sie lebenswert machte.‘ Das ist es, was wir erreichen wollen.“

Die Teilnehmer der IWA-RFC-Untersuchung zum Tod von Ronald Adams am 27. Juli 2025 nehmen die Resolution einstimmig an

Zum Abschluss der Sitzung brachte Will Lehman eine Resolution ein, in der er die Fortsetzung der Untersuchung, die Bildung von Aktionskomitees und die Einleitung einer weltweiten Kampagne zur Verteidigung des Lebens von Arbeitern forderte. Ein Arbeiter aus Dundee unterstützte ihn mit den Worten: „Ich bin bereit, ein Risiko einzugehen, weil dieser Mann nicht mehr unter uns ist. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie dies für meinen Bruder und seine Familie tun.“

Die Resolution wurde einstimmig angenommen.

Der Sohn von Ronald Adams, Chris, sagte anschließend: „Wir wissen, wie korrupt Unternehmen und Regierungen sein können, um Dinge zu vertuschen. Wir brauchen Gerechtigkeit. Jetzt sehen wir, dass es nicht nur unsere Familie ist, sondern viele andere Familien, denen so etwas passiert ist. Diese Anhörung und die Bewegung können Licht in diese Angelegenheit bringen, nicht nur hier, sondern weltweit, und diese Welt zu einem besseren Ort machen.“

Ein anderes Familienmitglied fügte hinzu: „Du denkst, dass du allein bist. Wenn man all die Menschen sieht, die wir heute gesehen haben, kann man sehen, dass auch andere eine Stimme haben.“

Loading