Die Wahl Zohran Mamdanis, eines Mitglieds der Democratic Socialists of America (DSA), zum Bürgermeister von New York ist ein Ereignis von internationaler Bedeutung. Mehr als eine Million Arbeiter und Jugendliche unterstützten seine Kandidatur, trotz jahrzehntelanger antisozialistischer und antikommunistischer Propaganda in den USA. Diese Entwicklung verdeutlicht eine zunehmende Radikalisierung der Arbeiterklasse: Während die Trump-Regierung versucht, eine Diktatur zu errichten, wächst in der Bevölkerung die Ablehnung von Kapitalismus und Unterstützung für Sozialismus.
Jean-Luc Mélenchon und die Partei La France insoumise (LFI) haben Mamdanis Sieg begrüßt. Sie stellen ihn als Bestätigung ihrer Strategie des „linken Bruchs“ dar. In Wirklichkeit ist Mamdanis Wahl jedoch eher eine Widerlegung ihrer Perspektive. Sie unterstreicht die Anziehungskraft des Sozialismus, den Mélenchon als nicht mehr zeitgemäß abtut und an dessen Stelle er Populismus propagiert. Mamdani und Mélenchon Politik dient dazu, einen echten Kampf der Arbeiter für den Sozialismus und den Sturz Trumps in den USA und Macrons in Frankreich zu blockieren.
Mamdani gewann die Wahlen vor dem Hintergrund einer akuten politischen Krise in den USA. Trump errichtet ein autoritäres Regime, eskaliert imperialistische Kriege und greift demokratische Rechte an. Nur zehn Tage vor der Wahl haben bei den „No Kings“-Protesten sieben Millionen Menschen gegen Trumps Vorhaben protestiert, eine Diktatur zu errichten.
Mamdani profitierte von der Feindschaft, die die breite Masse dem Establishment entgegenbringt. Er stellte sich als „demokratischer Sozialist“ dar, der für Steuergerechtigkeit und bezahlbare Wohnungen steht und den Völkermord in Gaza ablehnt. Es gelang ihm, diese Welle der Empörung, vor allem unter jungen Menschen, für sich zu nutzen: Für ihn stimmten 70 Prozent der Wähler unter 45 Jahren. Seine Strategie ist jedoch fest in der Demokratischen Partei verankert, dem direkten Instrument der amerikanischen Finanzoligarchie.
Seit seinem Sieg rückt Mamdani schnell nach rechts. Er versucht, die Finanzelite und den Unterdrückungsapparat zu beruhigen, und hat sich sogar bei der New Yorker Polizei entschuldigt und Banker wie Jamie Dimon gelobt. Er ging sogar so weit, seine Bereitschaft zu einer „Zusammenarbeit“ mit Trump im Interesse der Stadt zu bekunden. Er will die Arbeiterklasse nicht emanzipieren, sondern ihre Radikalisierung so weit wie möglich neutralisieren.
Die Partei La France Insoumise (LFI) preist Mamdani als politisches Vorbild. Mélenchon und seine Mitarbeiter – Mathilde Panot, Clémence Guetté und Manon Aubry – haben Mamdani als „amerikanisches Pendant“ begrüßt und behauptet, sie teilten mit ihm ein „konkretes und populäres“ Programm zum Bruch mit dem bestehenden System.
Tatsächlich ist die Lehre aus dem Klassenkampf in Frankreich das genaue Gegenteil. Um gegen die Diktatur zu kämpfen, die Trump errichten will, muss die Arbeiterklasse mit allen Parteien brechen, die von Sozialismus oder „dem Volk“ sprechen, dabei aber eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiter blockieren. Die kapitalistische Oligarchie, die sich in Richtung Diktatur bewegt, ist nur zu besiegen, wenn Kampforganisationen an der Basis aufgebaut werden, und wenn diese den Kampf für Arbeitermacht und Sozialismus aufnehmen.
Wie sieht Mélenchons Bilanz aus? Seit seinem Durchbruch bei den Wahlen hat er Oppositionsbewegungen – Streiks, die „Gelbwesten“-Proteste und die Mobilisierung gegen die Rentenkürzungen – systematisch abgewürgt, indem er sie in parlamentarische Bündnisse mit der bürgerlichen Parti Socialiste, der stalinistischen KPF und den Grünen führte. Seine Neue Volksfront (NFP) will die Arbeiterklasse nicht für den Sozialismus mobilisieren, sondern ein „institutionelles“ Ventil für die Stabilisierung des französischen Kapitalismus schaffen.
So hat die NFP vor kurzem durch eine Abstimmung der Parti Socialiste im Parlament Macron dabei geholfen, die äußerst unpopuläre Lecornu-Regierung zu bestätigen. Dabei weigert sich diese Regierung schon jetzt, während der Haushaltsverhandlungen in der Nationalversammlung, entschieden, die Reichen zu besteuern. Stattdessen erhöht sie die Militärausgaben massiv und bereitet umfassende Austeritätsmaßnahmen gegen die Arbeiter vor.
Die LFI-Führung lehnt jede Perspektive eines Bruchs mit dem kapitalistischen Staat ab, verherrlicht die bürgerliche Republik und weigert sich, zu einem Generalstreik und zum Aufbau von unabhängigen Organen der Arbeitermacht aufzurufen. Mélenchon hat sich schon vor langer Zeit vom Trotzkismus und Marxismus abgewandt. Er hat den Klassenkampf durch die Rhetorik von einer „Bürgerrevolution“ ersetzt, die auf den nationalen Rahmen begrenzt ist und auf den Kampf der Arbeiterklasse um die Macht verzichtet.
Mélenchon kommt aus der Organisation communiste internationaliste (OCI), die 1971 mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) brach und sich mit der Parti Socialiste verbündete. Das bedeutete die Integration der OCI in den Rahmen des französischen Kapitalismus. Mélenchon beteiligte sich in den 1980ern an Mitterands „Austeritätswende“, die den Weg für jahrzehntelange Sozialkürzungen ebnete. Heute erfüllt sein Linkspopulismus die gleiche Funktion: die soziale Wut zu kanalisieren und eine Hinwendung der Arbeiterklasse zu revolutionärer Politik zu verhindern.
Seine Übereinstimmung mit Mamdani und der DSA bestätigt diese Kontinuität. Diese Gruppierungen, deren Wurzeln im Kleinbürgertum liegen, wollen den Kapitalismus erhalten, indem sie sich zu Vermittlern bei sozialen Protesten und Opposition machen. Ihr Ziel ist es, die Wut der Arbeiterklasse mit der Behauptung zu besänftigen, eine progressive Reform des kapitalistischen Systems sei möglich. Die Erfahrungen beweisen jedoch das Gegenteil: Jedes Mal, wenn solche Bewegungen an die Macht kommen, unterwerfen sie sich den Forderungen der Finanzoligarchie.
Der eklatanteste Fall ist der von Syriza in Griechenland. Syriza wurde 2015 auf der Grundlage ihrer Ablehnung des Austeritätskurses gewählt und von Mélenchon gefeiert. Die Partei kapitulierte jedoch sofort vor den Banken und der Europäischen Union, setzte drastische Sozialkürzungen durch und baute Internierungslager für Flüchtlinge. Dieser Verrat demoralisierte die Arbeiterklasse und ermöglichte der Rechten die Rückkehr an die Macht.
Ein derartiger politischer Verrat der Pseudolinken spielt eine entscheidende Rolle beim Aufstieg der extremen Rechten, von Personen wie Donald Trump in den USA oder Marine Le Pen in Frankreich. Indem sie Klassenkonfrontationen vermeiden, entwaffnen sie die Arbeiter und stärken die extreme Rechte, die die soziale Wut ausnutzt, welche die Pseudolinke mit ihrer eigenen Politik hervorruft.
Die politische Bilanz von Syriza und Mélenchon muss als Warnung verstanden werden: Unter der Kontrolle von Kräften wie Mamdani oder der NFP ist ein Kampf gegen die diktatorische Politik Trumps wie auch Macrons unmöglich.
Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und die Sozialistischen Gleichheitsparteien vertreten eine diametral entgegengesetzte Orientierung, um aus dieser Sackgasse herauszukommen. Die derzeitige Situation führt zu einer objektiv revolutionären Krise. Die Lösung liegt nicht in Versuchen, die Demokratische Partei zu reformieren oder Wahlbündnisse mit bürgerlichen Parteien wie der NFP einzugehen. Die Lösung erfordert die internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms, das unabhängig von der Pseudolinken und der Gewerkschaftsbürokratie ist.
Dieses Programm beruht auf folgenden klaren Prinzipien:
- Enteignung der Vermögen der Finanzoligarchie und Umverteilung des Reichtums, um soziale Bedürfnisse zu erfüllen statt Profite zu erhöhen.
- Unversöhnlicher Widerstand gegen imperialistischen Krieg und den Aufbau eines Polizeistaats.
- Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees in Betrieben, Schulen und Stadtvierteln, um Kämpfe außerhalb der Kontrolle der Gewerkschaftsbürokratien zu koordinieren und national und international zu vereinen.
- Kampf zur Errichtung der Arbeitermacht und den Aufbau der vereinigten sozialistischen Staaten von Europa und der Welt.
Auf dieser internationalistischen Grundlage kann der Klassenkampf, der heute von Hochstaplern wie Mamdani oder Mélenchon kanalisiert wird, in eine bewusste und siegreiche Bewegung für den Weltsozialismus verwandelt werden. Die historische Aufgabe ist nicht der „linke Bruch“ innerhalb des Kapitalismus, sondern ein revolutionärer Bruch mit Kräften wie LFI. Der Aufbau des IKVI als neue revolutionäre Führung ist die einzige tragfähige Antwort auf den Bankrott des Weltkapitalismus und der Pseudolinken.
