Netanjahu will Gaza-„Friedensplan“ nur Stunden nach seiner Ankündigung brechen

US-Präsident Donald Trump nach einer Pressekonferenz mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Speisesaal des Weißen Hauses am 29. September 2025 [AP Photo/Evan Vucci]

Am Montag verkündete US-Präsident Donald Trump den Vorschlag für ein „Friedensabkommen“ zwischen Israel und der Hamas, das von den US-Medien als großer Durchbruch gefeiert wurde.

Die New York Times propagierte es in einem Leitartikel als „vielversprechendes“ Abkommen, das „die Grundlagen eines gerechten Waffenstillstands enthält, darunter ein Ende der Militärschläge, die Rückgabe aller Geiseln und ein Gaza ohne israelische Besetzung und die Herrschaft der Hamas“.

Trotz des Jubels der Medien wurde der „Friedens“-Vorschlag schnell als lächerlicher Betrug der israelischen Regierung entlarvt. Kurz nachdem Netanjahu dem Abkommen zugestimmt hatte, in dem es heißt, dass „Israel Gaza nicht besetzen oder annektieren wird“, veröffentlichte er am Montag ein Video, in dem er auf Hebräisch erklärte, Israel werde den Gazastreifen weiterhin besetzt halten. Als Reaktion auf Forderungen nach einem israelischen Rückzug aus Gaza erklärte er: „Auf keinen Fall, das wird nicht passieren.“

Laut Netanjahu habe Trump erklärt, dass er im Falle der Ablehnung des Ankommens durch die Hamas „Israel volle Unterstützung geben wird, um die Militäroperation abzuschließen und die Hamas zu vernichten“. Netanjahu bekräftigte, er werde einem palästinensischen Staat „nicht zustimmen“, obwohl der amerikanisch-israelische „Friedensplan“ einen „glaubwürdigen Weg zu palästinensischer Selbstbestimmung und Eigenstaatlichkeit“ vorsieht.

Netanjahus Äußerungen machen den wahren Inhalt des Friedensabkommens deutlich. Es soll den US-Medien ermöglichen, die USA und Israel als Friedensbringer darzustellen und die Hamas dafür verantwortlich zu machen, dass sie einen amerikanisch-israelischen Friedensplan ablehnt. Dies wiederum würde die besten Voraussetzungen für den Plan der USA und Israels schaffen, Gaza ethnisch zu säubern.

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich, der stets offen erklärt, welche Absichten die israelische Regierung wirklich verfolgt, erklärte, das „Friedensabkommen“ werde nicht umgesetzt, weil „die Sturheit des Feindes uns einmal mehr vor uns selbst retten wird“. Damit deutete er an, die Hamas könne den Vorschlag nicht akzeptieren.

Bei seinem Treffen mit Netanjahu am Montag machte Trump deutlich, dass er seine Unterstützung für die ethnische Säuberung des Gazastreifens verstärken würde, falls die Hamas den Kapitulationsplan nicht akzeptieren sollte: „Israel hätte meine volle Unterstützung, um den Job zu beenden und die Hamas-Bedrohung zu vernichten.“ Am Dienstag bekräftigte Trump: „Wir brauchen nur eine Unterschrift – und wenn sie nicht unterschreiben, werden sie in der Hölle landen.“

In Wirklichkeit wäre das Abkommen in der geschilderten Form eine demütigende Kapitulation vor der kolonialen Herrschaft über den Nahen Osten. Gemäß dem Vorschlag würde Gaza von einem „Friedensrat“ regiert werden, der von „Präsident Donald J. Trump geführt“ würde. Ein weiteres Mitglied wäre der ehemalige britische Premierminister Tony Blair.

Dieser Vorschlag verstößt gegen das Recht der palästinensischen Bevölkerung auf nationale Selbstbestimmung und würde eine Rückkehr zur offenen Kolonialherrschaft über den Nahen Osten bedeuten, wie sie im 19. Jahrhundert vorherrschte. Die Hamas würde außerdem vollständig entwaffnet werden und die Kontrolle über Gaza aufgeben. Ein solches Abkommen zu akzeptieren, wäre für die Hamas eine demütigende Kapitulation – und das ist Absicht.

Das International Centre of Justice for Palestinians (ICJP) verurteilte das „Friedensabkommen“. Es schrieb: „Dass der Plan einen internationalen ,Friedensrat‘ vorsieht... bedeutet den Ausschluss palästinensischer Stimmen aus der Entscheidungsfindung über die Zukunft der Palästinenser.“

Órlaith Roe, eine Sprecherin des ICJP, erklärte: „Dieser Plan gibt Israel eine weitere Gelegenheit, um eine Pause zu machen, sich neu zu bewaffnen und dann wieder ungestraft Gewalt anzuwenden.“ Weiter erklärte sie, der Plan sei „durchdrungen von kolonialer Rhetorik“.

Der Plan ist bewusst darauf ausgelegt, dass er ablehnt wird, um den Weg für den eigentlichen amerikanisch-israelischen Plan freizumachen, nämlich Gaza ethnisch zu säubern und zu annektieren. Dies ist der Modus Operandi der Netanjahu-Regierung seit Beginn des Angriffs auf Gaza.

Ein Kommentar im Wall Street Journal fasste zusammen: „Solange sie den Deal nicht abschließen können, befindet sich Netanjahu in einer besseren Position, um eine weitere internationale Verurteilung abzuwehren, wenn er den Kampf fortsetzt. Vor Ort dürfte sich sehr wenig ändern.“

Yaakov Katz, ein Fellow des Jerusalemer Jewish People Policy Institute, erklärte gegenüber dem Wall Street Journal: „Die gesamte Kritik [an Netanjahu] wird irrelevant, weil Israel sagt: Wir sind bereit den Krieg zu beenden, wir haben uns mit Amerika und allen arabischen Staaten abgestimmt.“

Eine besonders üble Rolle spielen die bürgerlich-nationalistischen Regierungen im Nahen Osten und der größeren Region, darunter Ägypten, Jordanien, Katar, Saudi-Arabien, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie haben den Deal befürwortet und sind bereit, ihn umzusetzen.

Die New York Times hat einen Leitartikel veröffentlicht, in dem sie den amerikanisch-israelischen Friedensplan lobt und den US-dominierten „Friedensrat“ als bloße „Prahlerei“ bezeichnet. Die Forderungen von „rechtsextremen Mitgliedern von Netanjahus Koalition nach der Annektierung des Gazastreifens“ seien „empörend“, so die Times. Doch so „empörend“ solche Forderungen auch sein mögen, sie stellen die tatsächliche Politik der USA und Israels dar, die auf die vollständige Annexion und ethnische Säuberung des Gazastreifens abzielt. Trump und Netanjahu haben dies mehrfach deutlich gemacht.

Die amerikanisch-israelische Politik des Massenmords wird nicht nur mit israelischen Kugeln und Bomben, sondern auch durch bewusstes Aushungern verübt. Am Dienstag starb in Gaza ein weiteres Kind durch Hunger. Damit steigt die Gesamtzahl der palästinensischen Toten durch Hunger und Unterernährung während des Völkermords auf 453, darunter 150 Kinder.

Seit die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) im letzten Monat eine Hungersnot in Gaza ausgerufen hat, sind 175 Menschen an Hunger gestorben. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) warnte, die Rate der Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren habe sich aufgrund von Israels Blockade des Gazastreifens zwischen März und Juni verdoppelt.

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