Perspektive

Trump-Regierung feiert die Täter des Massakers von Wounded Knee

Soldaten posieren am 1. Januar 1891, vier Tage nach dem Massaker von Wounded Knee, mit Gewehren in der Hand vor einem Massengrab.

20 US-Soldaten, die am Massaker von Wounded Knee beteiligt waren, werden laut US-Kriegsminister Pete Hegseth die ihnen verliehenen Ehrenmedaillen behalten.

Das Massaker von Wounded Knee ereignete sich am kalten Wintertag des 29. Dezember 1890, als Truppen der 7. US-Kavallerie schätzungsweise 250 bis 300 Männer, Frauen und Kinder der Lakota-Sioux am Wounded Knee Creek in Süddakota töteten. In der Folgezeit wurden 20 daran beteiligte Soldaten mit der Ehrenmedaille ausgezeichnet, der höchsten militärischen Auszeichnung.

In einem Video, das am späten Donnerstag auf X gepostet wurde, sagte Hegseth, eine Untersuchungskommission habe empfohlen, den Soldaten ihre Medaillen zu lassen, und er sei dieser Empfehlung gefolgt. „Wir machen deutlich, dass [die Soldaten] diese Medaillen verdient haben“, sagte Hegseth. Er bezeichnete die Männer als „tapfere Soldaten“. Die Untersuchungskommission sei zu dem Schluss gekommen, dass die Medaillen seien zu Recht verliehen wurden. „Diese Entscheidung ist nun endgültig, und ihr Platz in der Geschichte unseres Landes steht nicht mehr zur Debatte.“

Hegseth Verkündung muss als Warnung verstanden werden: Eine Regierung, die bereit ist, die Täter eines der grausamsten Kriegsverbrechen in der amerikanischen Geschichte zu Helden zu erklären, ist ebenfalls bereit, solche Verbrechen und noch schlimmere in der Gegenwart zu wiederholen.

Mit Gewehren, Artillerie und Kanisterfeuer zerstörten Hegseths „Helden“ ein ganzes Dorf der Miniconjou Lakota. Die Opfer waren in der überwältigenden Mehrheit Frauen, Kinder und alte Menschen. Fünfundzwanzig US-Soldaten kamen ums Leben, die meisten von ihnen Opfer von „friendly fire“ in Einheiten, die keine Kampferfahrung hatten und zum Zeitpunkt ihres Angriffs betrunken waren.

Die Zeit vor dem Massaker war geprägt von jahrzehntelanger gewaltsamer Enteignung und gebrochenen Verträgen, die den Ureinwohnern im Westen des Mississippi aufgezwungen wurden. In diesem Kontext von Verlust und Verzweiflung entstand eine geistliche Erweckungsbewegung. Die Bewegung begann 1889 mit Wovoka, einem Propheten der Paiute, und verbreitete sich rasch unter den Stämmen der Region. Wovokas Vision versprach, dass die Ureinwohner durch die getreue Ausübung des Geistertanzes - eines rituellen, gemeinschaftlichen Kreistanzes - die vielen durch Krieg, Krankheit und Hunger verlorenen Vorfahren in die Welt zurückbringen, den zu dem Zeitpunkt fast ausgerotteten Büffel wieder heimisch machen und den weißen Mann und sein Werk aus ihrem Land vertreiben könnten.

Reservatsbeamte und die kapitalistischen Interessen des Westens - Minenbesitzer und Rancher - betrachteten die friedliche religiöse Bewegung als Bedrohung und interpretierten ihre millenarische Botschaft als Vorbote eines Aufstands.

Der gefrorene Körper von Spotted Elk, der bei dem Massaker getötet wurde.

In einer Atmosphäre von Angst und Verzweiflung nach der Ermordung von Sitting Bull beschloss Spotted Elk, Häuptling der Miniconjou Lakota, sich den US-Truppen zu ergeben. Gezeichnet von einer Lungenentzündung und in der Hoffnung, Gewalt zu vermeiden, führte er seinen Stamm nach Süden in das Pine Ridge Reservat und suchte Schutz bei Red Cloud, einem Häuptling, der mit dem amerikanischen Militär zusammenarbeitete. Am 28. Dezember 1890 wurde die Gruppe von der 7. Kavallerie abgefangen. Spotted Elk und seine Leute wurden zu einem Lager am Wounded Knee Creek eskortiert, das die Soldaten mit acht Kompanien Kavallerie und vier Kanonen umstellten. „Die Soldaten und Späher waren den Lakota-Kriegern zahlenmäßig fast fünf zu eins überlegen“, schreibt der Historiker Peter Cozzens.

Die Verantwortung für das Massaker liegt letztlich bei den Militärs. General John Rutter Brooke hatte seinem Untergebenen, Oberst James Forsyth, den Befehl gegeben, „Big Foots [Spotted Elks] Stamm zu entwaffnen, die Flucht aller zu verhindern; [und] falls sie kämpften, sie zu vernichten“. Am 29. Dezember forderte Forsyth den Stamm auf, die Waffen abzugeben. Während einer invasiven und chaotischen Durchsuchung kam es zu einer Auseinandersetzung, ein Schuss ertönte, und die Soldaten eröffneten das Feuer mit Gewehren und Kanonen in einem mutwilligen Amoklauf, der mehr als eine Stunde dauerte.

Die US-Soldaten haben die Fliehenden „kaltblütig erschossen“, so Cozzen, darunter „fünf Mädchen, die versuchten, den berittenen Soldaten zu entkommen. Kurz bevor die Soldaten sie einholten, setzten sich die Mädchen hin und stellten sich ihren Mördern. Die Soldaten hoben ihre Gewehre, die Mädchen bedeckten ihre Gesichter mit Decken, und mit einem Mündungsfeuer waren sie tot.“ Die Soldaten, die auf Befehl handelten, feuerten dann Schrapnelle und Artillerie auf Personen ab, „die keinerlei erdenkliche Bedrohung für irgendjemanden darstellten“.

Zeugenaussagen von Soldaten und amerikanischen Ureinwohnern erinnerten immer wieder an das Abschlachten von Kindern und Babys durch das amerikanische Militär. Dewey Beard, ein Überlebender, erinnerte sich: „Als ich all die kleinen Kinder sah, die dort tot in ihrem Blut lagen, spürte ich, dass selbst wenn ich einen der Soldaten essen würde, dies meinen Zorn nicht besänftigen würde.“ Ein Leutnant, der an dem Massaker beteiligt war, erinnerte sich an die Geräusche „von allen Seiten..., die das Entsetzen über das, was geschah, zum Ausdruck brachten - die Tötung von Frauen mit Papoos auf dem Rücken.“

Black Elk, der 1932 von dem Dichter John G. Neihardt interviewt wurde, erinnerte sich an die Szene: „Wenn ich jetzt von diesem hohen Hügel meines hohen Alters zurückblicke, kann ich immer noch die geschlachteten Frauen und Kinder sehen, die aufgehäuft und verstreut entlang der krummen Schlucht liegen, so deutlich wie damals, als ich sie mit noch jungen Augen sah.“

In den folgenden Tagen herrschten bittere Kälte und ein Schneesturm, der die Bergung der Opfer verhinderte. Die Toten der Lakota lagen unbestattet, durch die Kälte in grausige Formen gekrümmt und starr, viele von ihnen Frauen und Kinder, die auf der Flucht erschossen worden waren. Die Leichen von Männern zeigten, dass ihre zeremoniellen Geisterhemden von US-Soldaten als Trophäen ausgezogen worden waren, bevor die Leichen in ein Massengrab geschleift wurden.

Der amerikanische Staat hat sich noch nie für seine zahlreichen Kriegsverbrechen entschuldigt, auch nicht für ein so ungeheuerliches wie Wounded Knee. Obwohl die Grausamkeit des Massakers seit langem bekannt ist und die Gräueltaten genauestens dokumentiert wurden, haben kapitalistische Politiker die Ehrenmedaillen, die Soldaten für ihre Beteiligung an dem Massaker verliehen wurden, nie zurückgenommen.

Mehrere im Kongress eingebrachte Gesetze sind wiederholt gescheitert, zuletzt das im Mai 2025 von Senatorin Elizabeth Warren und der Abgeordneten Jill Tokuda erneut eingebrachte Gesetz „Remove the Stain Act“, das ohne weitere Befassung an einen Ausschuss verwiesen wurde. Hegseths Erklärung selbst folgt auf eine fehlgeschlagene Untersuchung, die unter der Biden-Regierung eingeleitet wurde. Der damalige US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte im Jahr 2021 das Ministerium angewiesen, die für Wounded Knee verliehenen Ehrenmedaillen zu überprüfen. Diese Untersuchung ergab, dass die Medaillen nicht entzogen werden sollten.

Hegseths Erklärung ähnelt der Rehabilitierung von militärischen „Helden“ der Konföderierten Staaten von Amerika durch die Trump-Regierung, darunter auch General Robert E. Lee. Lee und die Konföderierten hatten in den 1860er Jahren einen erbitterten konterrevolutionären Krieg zur Erhaltung der Sklaverei geführt. Hegseth möchte die abscheulichsten und schändlichsten Unterdrückertaten per Verwaltungsakt zu heroischem Handeln erklären.

Die unverblümte Verherrlichung der Täter von Wounded Knee durch die Trump-Regierung steht nicht allein. Gleichzeitig ruft Hegseth dazu auf, das amerikanische „Krieger-Ethos“ wiederzubeleben. Hegseths trifft sich aktuell mit den Generälen und Admirälen der Nation, die den Auftrag haben, dem Offizierskorps diesen „Ethos“ zu vermitteln. Dies ist ein übler Versuch, das Abschlachten von Zivilisten und die Unterdrückung demokratischer Rechte als ehrenwerte militärische Traditionen darzustellen. Heute, da die US-Regierung Soldaten in amerikanische Städte entsendet und „volle Härte“ gegen Demonstranten zulässt, wird der Armee ausdrücklich beigebracht, Taten wie Wounded Knee nicht als Verbrechen, sondern als Beispiele zu betrachten.

Während der israelische Staat mit der bedingungslosen Unterstützung Washingtons einen völkermörderischen Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens führt, bleibt die Logik, die dem Massaker am Wounded Knee zugrunde lag, bestehen. Jassir Arafat warnte bekanntlich, dass die Palästinenser nicht die „Indianer“ des Nahen Ostens werden wollten - ein Volk, das ausgerottet, ins Exil getrieben und dann von den Mächten, die es zerstört haben, als tragisches Relikt betrauert wird. Die Aufwertung kolonialer Gewalt im amerikanischen Kernland und die Verwüstungen im Gazastreifen sind nicht nur durch historische Analogien miteinander verbunden, sondern auch durch die gegenwärtige Eskalation imperialer Gewalt.

Hegseths Würdigung der Wounded-Knee-Medaillen dient als Warnung für die Arbeiterklasse und die Unterdrückten überall. Die amerikanische Militärführung wird angewiesen, vor der „Notwendigkeit“ der Massenunterdrückung nicht zurückzuschrecken. Sie soll sie sogar vielmehr begrüßen - sowohl im eigenen Land als auch in fernen Ländern. Die Lektionen von Wounded Knee gehören nicht der Vergangenheit an, sondern müssen dringend als gegenwärtige Gefahr in Erinnerung gerufen werden.

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