Trumps Memorandum brandmarkt Antifaschismus und Widerstand gegen Kapitalismus als „Inlandsterrorismus“

US-Präsident Donald Trump mit einem von ihm unterzeichneten Memorandum gegen Antifaschismus, 25. September 2025 [AP Photo/Alex Brandon]

Am 25. September veröffentlichte der US-Präsident das Dokument National Security Presidential Memorandum-7 (NSPM-7): „Bekämpfung von inländischem Terrorismus und organisierter politischer Gewalt“. Dabei handelt es sich um eine faschistische Blaupause, um den gesamten staatlichen Unterdrückungsapparat der USA in Stellung zu bringen: das FBI, das Heimatschutz-, Justiz-, Außen- und Finanzministerium und das Militär, mit dem Ziel, jeglichen politischen Widerstand von links zu unterdrücken.

Das Memorandum beginnt mit dem Mord an Charlie Kirk und behauptet: „Personen, die die Ideologie des mutmaßlichen Mörder teilten, begrüßten und bejubelten diesen bösartigen Mord und riefen aktiv zu weiterer politischer Gewalt auf.“

Auch mehr als zwei Wochen nach Kirks Ermordung sind keine Beweise dafür aufgetaucht, dass der Schütze einer klaren politischen Ideologie anhing oder Teil einer organisierten linken oder rechten Gruppe war. Ebenso wenig gibt es Beweise dafür, dass er die Ermordung mit anderen zusammen geplant hat, und es gab auch im Zusammenhang mit dem Attentat keine weiteren Verhaftungen.

Um den Eindruck eines einheitlichen, zentral gesteuerten linken Terrornetzwerks zu erwecken, verknüpft NSPM-7 Vorfälle, die in keinerlei Bezug zueinander stehen – Proteste gegen die Polizei, Widerstand gegen die ICE, den Mord am Vorstandschef von United Healthcare Brian Thompson und die Mordanschläge auf Trump und den Obersten Richter Brett Kavanaugh – und stellt all diese Fälle als Teil einer einzigen großen Verschwörung dar. Diese bewusste Vermischung schafft die Fata Morgana einer riesigen organisierten linken „inlandsterroristischen“ Bewegung. Dabei gibt es für einen Zusammenhang zwischen all diesen Ereignissen keinerlei Beweise.

Über rechte politische Gewalt schweigt sich das Memorandum natürlich aus. Nicht erwähnt wird der Putschversuch vom 6. Januar 2021, bei dem Trump mit Unterstützung von faschistischen Milizen, der Republikanischen Partei, großen Teilen des Polizei-, Militär- und Geheimdienstapparats sowie Elementen des Obersten Gerichtshof versuchte, die Wahl von 2020 zu kippen und eine Präsidialdiktatur zu errichten. Genauso verschweigt das Memorandum die zahlreichen Morde und Anschläge von Rassisten, religiösen Fanatikern und Neonazis der letzten Jahrzehnte. Zu den aktuellsten Opfern dieser Gewalt gehören die Sprecherin des Repräsentantenhauses von Minnesota Melissa Hortman und ihr Ehemann Mark.

Das Memorandum geht auch nicht auf Trumps eigene ständige Ermutigung von Gewalt ein. So haben sich Trump und seine Verbündeten über den Angriff auf Paul Pelosi mit einem Hammer lustig gemacht, oder sie forderten die Abschiebung von demokratischen Politikern wie dem Abgeordneten Ilhan Omar (Minnesota) und Zohran Mamdani. Kein Wort darüber, dass die Republikaner die Rhetorik der Theorie vom „Großen Austausch“ übernommen haben, die seit mehr als zehn Jahren in den USA und weltweit grauenhafte Amokläufe inspiriert.

Diese selektive Auswahl ist kein Versehen. Der größte Verbreiter politischer Gewalt weltweit und die größte Bedrohung für die demokratischen Rechte aller Menschen – innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten – ist die US-Regierung selbst, angeführt von Trump und unterstützt sowohl von Demokraten als auch von Republikanern.

Dennoch stellt NSPM-7 „Antifaschismus“ und linken Widerstand gegen Völkermord, erzwungenes Verschwindenlassen und Polizeigewalt als die eigentliche terroristische Bedrohung dar.

In dem Memorandum wird behauptet, „antifaschistische“ Bewegungen würden „grundlegende amerikanische Prinzipien (z.B. Unterstützung für Strafverfolgung und Grenzkontrollen) als ‚faschistisch‘ hinstellen, um gewaltsame Revolutionen zu rechtfertigen und zu fördern“. Das verrät die Angst vor der wachsenden Unterstützung für den Sozialismus in den USA und auf der ganzen Welt.

Allein schon die Behauptung, „Unterstützung für Strafverfolgung und Grenzkontrollen“ seien „grundlegende amerikanische Prinzipien“, ist historisch absurd. Amerikaner haben in der Revolution von 1776 nicht zu den Waffen gegriffen, weil sie die Polizei liebten oder den Grenzschutz verteidigen wollten. Zum Zeitpunkt der Revolution gab es in den USA nicht einmal eine moderne Polizei. Die ersten städtischen Polizeibehörden sind erst in den 1830ern und 1840ern entstanden, und ihr Hauptziel bestand darin, die Arbeiterklasse zu disziplinieren und die Sklaverei durchzusetzen. Auch der Grenzschutz wurde erst mit der Gründung der Border Patrol im Jahr 1924 institutionalisiert – inmitten einer Welle von fremdenfeindlichen und rassistischen Einschränkungen der Einwanderung.

Mit seinem Versuch, den Gewaltapparat des kapitalistischen Staates – die Polizei, die ICE und die Grenzschutzbehörden – rückwirkend als „grundlegend“ darzustellen, will Trump die Geschichte umschreiben, um „Amerika“ mit seiner modernen Unterdrückungsmaschinerie gleichzusetzen. In Trumps faschistischer Darstellung wird Widerstand gegen Polizeibrutalität oder die Verfolgung von Immigranten mit Terrorismus gleichgesetzt.

Weiter heißt es in dem Memorandum:

Zu den gemeinsamen Motiven für dieses gewaltsame Verhalten zählen Antiamerikanismus, Antikapitalismus und Ablehnung des Christentums; Unterstützung für den Sturz der Regierung der Vereinigten Staaten; Extremismus in Fragen von Zuwanderung, Rasse und Geschlecht; und Feindseligkeit gegenüber Menschen mit traditionellen amerikanischen Ansichten zu Familie, Religion und Moral.

Diese pauschale Definition nimmt jede und jeden ins Visier, der oder die Trumps offizielle Ideologie und die der republikanischen Rechten ablehnt. Wer Kapitalismus und Nationalismus ablehnt, Immigranten verteidigt, Rassismus entlarvt oder für die Gleichstellung der Geschlechter kämpft, soll mit Terroristen auf eine Stufe gestellt werden.

Durch die Gleichsetzung politischer Meinungen mit Terrorismus liefert das NSPM-7 eine scheinlegale Rechtfertigung für die Verfolgung von Personen und Organisation aufgrund ihrer politischen Überzeugungen. Es ist ein direkter Angriff auf den Ersten Verfassungszusatz.

Das Memorandum weist alle 56 Joint Terrorism Task Forces (JTTF) an, „eine umfassende nationale Strategie zu entwickeln und umzusetzen“, um gegen Personen und Organisationen, die angeblich an „politischer Gewalt“ beteiligt sind, zu ermitteln, sie anzuklagen und zu zerschlagen. Das massive Ausmaß schließt ausdrücklich „Gründer, Funktionäre und Beschäftigte von Organisationen“ mit ein, ebenso „US-Staatsbürger im Ausland und NGOs mit engen Beziehungen zu ausländischen Regierungen“.

Das Finanzministerium wird angewiesen, Finanznetzwerke zu verfolgen und zu zerstören, und der Justizminister soll alle Fälle „im größtmöglichen juristisch erlaubten Ausmaß“ untersuchen und Aktivitäten wie „Doxxing-Kampagnen, Swatting, Aufruhr, Plünderungen und Unruhen“ als Formen von Terrorismus einstufen.

Die ICE, die derzeit Immigranten entführt und abschiebt, selbst wenn sie die US-Staatsbürgerschaft besitzen, wird in dem Memorandum als größtes Opfer angeblicher linker Gewalt dargestellt. Bisher ist jedoch noch kein einziger ICE-Beamter bei der Ausübung seiner Tätigkeit getötet worden. Dieser Taschenspielertrick stellt die Realität auf den Kopf: die Behörde, die zugewanderte Arbeiter terrorisiert, wird als bedroht dargestellt, um weitere Unterdrückung zu rechtfertigen.

Zu dem Memorandum hat das Weiße Haus ein „Faktenblatt“ veröffentlicht, in dem „Angriffe auf ICE-Beamte“ und Attacken auf Milliardäre als existenzielle Bedrohungen dargestellt werden, während der Putschversuch vom 6. Januar und der jahrzehntelange faschistische Terror ausgeklammert sind. Genau wie beim Reichstagsbrand 1933 zielt auch dies darauf ab, isolierte Vorfälle als Vorwand für die Zerstörung demokratischer Rechte und die Verfolgung von linkem Widerstand auszubeuten.

NSPM-7 folgt direkt auf Trumps Dekret vom 23. September, in dem er die „Antifa“ als „inländische Terrororganisation“ bezeichnet hat. Die World Socialist Web Site  erklärte dazu:

Jetzt hat die Trump-Regierung den beispiellosen Schritt unternommen, die „Antifa“... als inländische Terrororganisation zu brandmarken. Dieses Dekret hat zwar keine juristische Grundlage, liefert aber den scheinlegalen Rahmen für Angriffe auf linke politische Opposition.

Mit dem Dekret zusammen kommt das neue Memorandum einer Kriegserklärung an antifaschistischen Widerstand gleich, und abweichende Meinungen werden kriminalisiert. Die Realität politischer Gewalt in Amerika wird auf den Kopf gestellt. Der Staatsapparat wird gegen die Linke entfesselt, während die faschistischen Kräfte, die Trump selbst begünstigt, in Schutz genommen werden.

Bei der Pressekonferenz am 25. September, auf der er NSPM-7 vorstellte, ließen Trump und seine Berater jeden Anschein von Neutralität fallen.

Trump selbst erklärte:

Wir schauen uns die Geldgeber vieler dieser Gruppen an. (...) Das sind keine Demonstranten, die spätabends in ihrem Keller Plakate malen, weil sie wirklich daran glauben. Das sind Anarchisten und Agitatoren, professionelle Anarchisten und Agitatoren, und sie werden von reichen Leuten angeheuert, von denen ich einige kenne.

Mit diesen Äußerungen bemüht er offen das Motiv der McCarthy-Ära, geheimnisvolle „äußere Agitatoren“ würden Proteste finanzieren. Stephen Miller sprach von einem „historischen“ Tag und erklärte:

Dies ist das erste Mal in der Geschichte Amerikas, dass die gesamte Regierung versucht, den Linksterrorismus und die Antifa zu zerschlagen (...) Sie ist Teil einer organisierten linksterroristischen Kampagne. Sie ist strukturiert. Sie ist hochentwickelt. Sie ist gut finanziert. Sie ist gut geplant. Es gibt wirklich keine Parallele dazu (...) Es gibt ein ganzes System von Organisationen, die Geld, Mittel und Waffen liefern.

FBI-Direktor Kash Patel bekräftigte dieses Narrativ und schwor, sie „zu jagen wie die Inlandsterroristen, die sie sind“. Justizministerin Pam Bondi prahlte: „Präsident Trump hat den Strafverfolgungsbehörden die Handschellen abgenommen.“ JD Vance verbreitete reißerische Anekdoten über „bezahlte Leute in schwarzen Skimasken“ in Oregon. Zum Abschluss der Veranstaltung nannte Trump bekannte Namen – George Soros und der LinkedIn-Milliardär Reid Hoffmann – als potenzielle Geldgeber dieses angeblichen Terrorismus.

Bisher hat noch kein einziger führender Demokrat auch nur mit einem Wort in den sozialen Netzwerken Kritik an NSPM-7 geäußert, auch nicht Senator Chuck Schumer, Senator Bernie Sanders, Ex-Präsident Barack Obama oder die Repräsentanten Hakeem Jeffries und Alexandria Ocasio-Cortez. Ihr Schweigen ist kein Zufall, sondern Ausdruck der seit langem andauernden Kollaboration der Demokratischen Partei mit Trump in den zentralen Punkten seines autoritären Programms, vor allem der Verfolgung von Immigranten und der Stärkung des staatlichen Unterdrückungsapparats.

Im Januar verabschiedeten die Republikaner gemeinsam mit den Demokraten im Repräsentantenhaus den reaktionären Laken Riley Act, der die Inhaftierung und Abschiebung von Immigranten auf der Grundlage einfacher Gerüchte vorsieht. Im März lieferte Schumer selbst die entscheidenden Stimmen im Senat, um einen Staatshaushalt zu verabschieden, der die Abschiebemaschinerie in vollem Umfang handlungsfähig hielt, obwohl Trump seine Massenverhaftungen verschärfte. Die Bilanz der Demokraten zeigt, dass sie keine Opposition sind, sondern Unterstützer von Trumps faschistischer Agenda. Sie sorgen dafür, dass der Staat weiter gegen die Arbeiterklasse bewaffnet bleibt, während politischer Dissens kriminalisiert wird.

Die Lehre aus NSPM-7, sowie auch aus dem Schweigen der Demokraten zu Trumps jüngster faschistischer Direktive lautet: Die Verteidigung demokratischer Rechte darf nicht der Demokratischen Partei überlassen werden. Die Demokraten haben durch ihre eigene Kriegspolitik, die Verteidigung der Wall Street, ihre Verleumdung von Protesten gegen den Völkermord im Gazastreifen und ihre Weigerung, gegen die extreme Rechte zu mobilisieren, den Boden für Trumps Rückkehr bereitet.

Der Kampf gegen Diktatur und Unterdrückung erfordert einen vollständigen politischen Bruch mit beiden kapitalistischen Parteien. Die Arbeiterklasse muss mobilisiert werden. Es ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die stark genug ist, um die Produktion zum Erliegen zu bringen, die Kriege zu beenden und den Unterdrückungsapparat des kapitalistischen Staates zu zerstören. Nur durch die bewusste internationale Organisation der Arbeiterklasse kann die staatliche Gewalt beendet und können die demokratischen Rechte der gesamten Bevölkerung gesichert werden.

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