Am Dienstagabend trat der amerikanische Moderator Jimmy Kimmel wieder im Fernsehen auf, nachdem der Sender ABC seine Late-Night-Show am 17. September wegen seiner Äußerungen zur Ermordung des faschistischen Podcasters Charlie Kirk abgesetzt hatte. Kimmels Rückkehr – in Folge der weit verbreiteten Empörung über ABCs Zensurmaßnahme und das große Publikum, das diese hervorrief – ist ein Schlag ins Gesicht für Donald Trump und seine faschistischen Mitstreiter.
In seinen Kommentaren verurteilte der Komiker den „Präsidenten der Vereinigten Staaten, der seinen Wunsch sehr deutlich gemacht hat, dass ich und Hunderte von Menschen, die hier arbeiten, entlassen werden. Unser Führer feiert, dass Amerikaner ihre Existenz verlieren, weil er keinen Spaß versteht.“
Er wies darauf hin, dass Trump gegen andere Talkshowmoderatoren und „Hunderte von Amerikanern“ vorgehen wird, „die an diesen Shows arbeiten und keine Millionen Dollar verdienen. ... Ich hoffe, dass ihr zehnmal so laut sein werdet wie diese Woche, wenn das passiert oder wenn es so aussieht, als würde es passieren. Wir müssen dagegen den Mund aufmachen, denn er hört nicht auf.“
Kimmel erklärte weiter:
Und es geht nicht nur um Comedy. Er [Trump] hat es auch auf Journalisten abgesehen. Er verklagt sie und schüchtert sie ein. Am Wochenende hat sein Fox-Freund Pete Hegseth ein neue Richtlinie angekündigt, nach der Journalisten mit Presseausweis für das Pentagon schriftlich versprechen müssen, keine Informationen weiterzugeben, die nicht ausdrücklich zur Veröffentlichung autorisiert wurden. Dazu gehören auch nicht als vertraulich eingestufte Informationen. Sie wollen bestimmen, was die Medien berichten. Ich weiß, das ist nicht so interessant, wie wenn sie einen Comedian schikanieren, aber es ist so wichtig, eine freie Presse zu haben, und es ist verrückt, dass wir dem nicht mehr Aufmerksamkeit widmen.
Er wies darauf hin, dass er fast 4.000 Shows auf ABC, der zum Unterhaltungskonzern Disney gehört, gesendet hatte, und dass vorher noch nie jemand sein Recht angegriffen hatte, „mich über unsere Führung lustig zu machen oder mich für Themen stark zu machen, die ich für wichtig halte, indem ich ihre Plattformen nutze“.
Weiter erklärte er:
Vor diesem Hintergrund war ich nicht glücklich, als sie [die ABC-Vorstände] mich am Mittwoch abgesetzt haben. Ich war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und habe es ihnen gesagt. Wir hatten viele Gespräche. Ich teilte ihnen meine Position mit, sie mir ihre. Wir haben es durchgesprochen, und am Ende, obwohl sie es nicht mussten – sie mussten es wirklich nicht tun, wir sind ein riesiges Unternehmen, wir haben kurze Aufmerksamkeitsspannen und ich bin nur ein winziger Teil der Disney Corporation – hießen sie mich wieder auf Sendung willkommen, und ich danke ihnen dafür, weil ich weiß, dass sie sich damit leider, und meiner Meinung nach ungerechtfertigt, in Gefahr bringen.
Kimmel ist ein Comedian, kein Politiker. Aber er ist nicht vor ABC, Disney, Carr oder Trump in die Knie gegangen, sondern hat zu öffentlichen Protesten gegen Trumps Säuberung aufgerufen – im völligen Gegenteil zur Führung der Demokratischen Partei, der New York Times und all jenen, die sich schnell und widerspruchslos der Hysterie um Kirk angepasst haben.
Kein prominenter Politiker der Demokraten hat zum Widerstand gegen Trumps Versuche aufgerufen, die Ermordung des rassistischen und faschistischen Podcasters als Vorwand zur Kriminalisierung von politischer Opposition zu nutzen. Vielmehr ermöglichen sie Trumps Diktatur. Die Demokraten, die offizielle „Oppositionspartei“, die jedoch in Wirklichkeit ebenfalls eine Partei der Milliardäre ist, fürchten nichts so sehr wie die Wut der Arbeiterklasse. Sie spüren, dass die Wut zunimmt und offen auszubrechen droht.
Tatsächlich äußerte sich dieser Widerstand in der Reaktion auf Kimmels Absetzung. Am Dienstag hatte Jimmy Kimmel Live! etwa 6,26 Millionen Zuschauer, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den üblichen Zuschauerzahlen von durchschnittlich 1,42 Millionen in der Saison von September 2024 bis Mai 2025.
Der Nachrichtensender CNBC erklärte:
Zusätzlich zu den linearen Einschaltquoten [also den Zuschauerzahlen regelmäßiger, zu festen Zeiten gesendeter Fernsehsendungen] wurde Kimmels über 28 Minuten langer Monolog auf YouTube und in den sozialen Netzwerken laut einer Erklärung von Disney vom Mittwoch mehr als 26 Millionen mal angesehen. Das Unternehmen erwähnte auch, dass die Ausgabe der Show vom Dienstag die besten Ergebnisse unter Erwachsenen zwischen 18 und 49 Jahren seit mehr als zehn Jahren erhielt.
Der leitende Datenanalyst von CNN, Harry Enter, bezeichnete das Video von Kimmels Monolog als „das größte [YouTube-] Video der letzten sechs Monate“ und wies darauf hin, dass die Zahl der Google-Suchanfragen für „Wann kommt Jimmy Kimmel dran?“ am Dienstag weltweit um 10.000 Prozent angestiegen sei.
Zwei große Fernsehsendergruppen, Nexstar und Sinclair, die für die rechten Ansichten ihrer Besitzer berüchtigt sind, strahlen Kimmel weiterhin nicht aus. Davon sind etwa 60 Märkte (etwa ein Viertel des US-Fernsehpublikums) betroffen, darunter Washington D.C., Seattle, St. Louis, Salt Lake City, New Orleans, Tulsa und Little Rock.
Kimmels Äußerungen vom 15. September waren der Ausgangspunkt für die rechte Kampagne, die zur kurzzeitigen Absetzung seiner Show führte. In seinem Eröffnungsmonolog an dem Abend war er darauf eingegangen, dass Donald Trumps „MAGA-Gang verzweifelt versucht, diesen Typen, der Charlie Kirk ermordet hat, als etwas anderes als einen der ihren darzustellen, und alles daran setzt, daraus politisches Kapital zu schlagen“.
Faschistische Kräfte in der Trump-Regierung und ihrem Umfeld nahmen Kimmels „empörende“ Äußerungen zum Anlass für einen beispiellosen Angriff auf die Meinungsfreiheit, eine Hexenjagd gegen Kritiker, Medienschaffende, Akademiker und Arbeiter. Trump selbst, der Leiter der Medienaufsichtsbehörde FCC Brendan Carr (ein enger Vertrauter von Elon Musk) und zahlreiche rechte Politiker drohten Kimmel mit Vergeltung und bejubelten seine „unbefristete“ Absetzung durch ABC.
Doch trotz aller Versuche der Medien, Kimmels Absetzung – wie sie hofften auf Dauer – zu legitimieren oder herunterzuspielen, löste sie Empörung aus. Es wurde als infamer Angriff auf demokratische Rechte angesehen, dass der US-Präsident als Möchtegern-Diktator darüber bestimmen will, was die Bevölkerung im Fernsehen sehen darf. Trump drohte auch weiteren Kritikern mit Verfolgung.
Disney und ABC wurden Ziel von Protesten, Stornierungen von Abonnements und Drohungen von Künstlern und Produzenten, den Sender zu boykottieren. Die American Civil Liberties Union (ACLU) veröffentlichte am Montag einen offenen Brief von 400 Persönlichkeiten aus der Unterhaltungsindustrie, in dem Trump und ABC-Disney heftig kritisiert wurden. Zu den Unterzeichnern gehören zahlreiche Hollywood-Stars wie Meryl Streep, Tom Hanks, Robert De Niro, Jason Bateman, Bryan Cranston, Selena Gomez, Frances McDormand, Martin Short, Joaquin Phoenix, Ben Stiller, Julia Louis-Dreyfus und Michael Keaton.
In dem Brief heißt es u. a.:
Wir, das Volk, dürfen niemals hinnehmen, dass die Regierung unsere Meinungsfreiheit bedroht ... Die letzte Woche, in der Jimmy Kimmel abgesetzt wurde, weil die Regierung einem privaten Unternehmen mit Vergeltung gedroht hat, war ein dunkler Moment für die freie Meinungsäußerung in unserem Land. Um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen, hat unsere Regierung die Existenz von Journalisten, Talkshowmoderatoren, Künstlern, Kreativen und Entertainern im ganzen Land bedroht. Dies läuft den Werten zuwider, auf denen unsere Nation gegründet wurde und die unsere Verfassung garantiert. ... Lehrkräfte, staatliche Beschäftigte, Anwaltskanzleien, Forscher, Universitäten, Studierende und viele andere Gruppen sind ebenfalls direkten Angriffen auf die Meinungsfreiheit ausgesetzt.
Angesichts der Wut der Bevölkerung und befürchteter Gefahren in dieser Situation mussten Disney und ABC nachgeben und Kimmels Show wieder ins Programm nehmen – im Wesentlichen zu den Bedingungen des Comedians.
Als Kimmel am Dienstag vor seinem Studiopublikum erschien, wurde er mit minutenlangen stehenden Ovationen begrüßt. Er begann seine Rede mit der Einleitung: „Wie ich schon sagte, bevor ich unterbrochen wurde...“
Der 57-jährige Comedian dankte allen, von denen er „in den letzten sechs Tagen aus der ganzen Welt gehört habe. ... Alle, die ich je getroffen habe, sind zehn- oder elfmal auf mich zugegangen.“ An das Studiopublikum und die Zuschauer gerichtet, erklärte er: „Und ich möchte auch Euch allen danken. Danke an alle, die unsere Show unterstützt haben und denen sie wichtig genug war, um etwas zu unternehmen, sich Gehör zu verschaffen, damit ich mir Gehör verschaffen kann. Ich werde es nie vergessen.“
Kimmel ist hoch anzurechnen, dass er in seinen Aussagen keine Reue zeigte. Nachdem er betont hatte, dass er sich nicht über Kirks Ermordung „lustig machen“ wollte, sprach er von den Gefahren, die Comedians in Ländern drohen, in denen sie „eingesperrt werden, weil sie sich über die Mächtigen lustig gemacht haben“. Er sagte:
Unsere Freiheit ist das, was man am meisten an diesem Land bewundert. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das für selbstverständlich hielt, bis sie meinen Freund Stephen [Colbert] aus dem Programm genommen und versucht haben, die Sender, die unsere Show in den Städten, in denen ihr lebt, ausstrahlen, dazu zu zwingen, meine Show aus dem Programm zu nehmen. Das ist nicht legal. Das ist nicht amerikanisch. Das ist unamerikanisch und es ist so gefährlich.
Kimmel zeigte einen Videoclip mit einer zusammenhanglosen Hetztirade von Trump:
Er [Kimmel] hatte kein Talent. Er ist ein Pfuscher, aber er hatte kein Talent. Und was wichtiger ist als Talent – weil viele Leute kein Talent haben, aber Einschaltquoten bekommen: er hatte keine Einschaltquoten.
Kimmel scherzte: „Nun, heute Abend habe ich sie. ... [Trump] kann einem fast leid tun. Er hat sein Bestes gegeben, um mich abzusetzen. Stattdessen hat er Millionen Menschen dazu gebracht, die Show zu sehen. ... Möglicherweise muss er die Epstein-Akten veröffentlichen, um uns jetzt davon abzulenken.“
Nach einer Werbepause spielten Kimmel und Robert De Niro einen Comedy-Sketch, in dem der erfahrene Schauspieler vorgab, ein Mafiaboss und der neue FCC-Vorsitzende zu sein.
Trotz seines finsteren und sehr gefährlichen Charakters ist der Versuch, den Antisemiten und Rassisten Charlie Kirk zum Nationalhelden zu machen, bei der großen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung völlig gescheitert. Ein einfacher Schluss, aber mit einer unfehlbaren Klassenlogik geht vielen durch den Kopf: „Trump ist für die Reichen, ich hasse Trump. Er sagt, wir sollen Charlie Kirk feiern – wer auch immer das sein mag. Das ist Grund genug, dem ganzen Rummel um Kirk zu misstrauen.“
Dass die extreme Rechte die Öffentlichkeit nicht zur Unterstützung Kirks überzeugen konnte, treibt sie nur in noch größere Hysterie. Trump tobte am Dienstagabend:
Ich glaube es nicht, dass ABC Fake News Jimmy Kimmel seinen Job zurückgegeben hat. ABC hat dem Weißen Haus versichert, dass seine Show abgesetzt war. Seither ist etwas passiert, weil sein Publikum WEG ist, und er nie „Talent“ hatte. Warum wollen sie jemanden zurück, der so schlechte Arbeit macht, der nicht lustig ist und der den Sender in Gefahr bringt, indem er 99 Prozent Demokraten-MÜLL bringt?
Es ist ein bemerkenswertes Eingeständnis, dass ABC dem Weißen Haus versichert hatte, dass Kimmel „abgesetzt“ sei!
Neben allem anderen trägt die Kimmel-Affäre auch dazu bei, den Mythos zu beseitigen, Trump sei allmächtig oder auch nur allgemein beliebt. Ein Late-Night-Comedian hat über Nacht ein Massenpublikum gewonnen, weil er sich Trump widersetzt hat. Damit werden die Dinge ins rechte Licht gerückt.
Trump und die Oligarchie, die er repräsentiert – die Ellisons, Musks, Bezos’, Zuckerbergs – werden von Millionen verachtet. Die krisengeschüttelte Regierung bleibt vor allem deswegen an der Macht, weil die Demokraten, die Gewerkschaften und die offizielle „Linke“ nichts gegen sie unternimmt. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, jedes Anzeichen von Protest und Revolte zu ersticken, abzuwürgen und zu erdrücken. Aber auch das wird nicht ewig so weitergehen.