Verteidigt die ukrainische Holocaust-Forscherin Marta Hawryschko!

Die World Socialist Web Site verurteilt unmissverständlich die bösartige und lebensbedrohliche Hexenjagd gegen die Holocaust-Forscherin Dr. Marta Hawryschko.

Sie wird vom ukrainischen Staat, seinen Geheimdiensten, Neonazi-Kräften und deren Unterstützern in der akademischen Welt attackiert. Ihr Leben und die Sicherheit ihrer Familie sind in ernster Gefahr, weil sie mit ihrer Forschung die rechtsextremen nationalistischen Kräfte, die für den Nato-Stellvertreterkrieg systematisch gegen Russland kultiviert werden, herausfordert. Arbeiter, Jugendliche und progressive Intellektuelle müssen sie verteidigen.

Dr. Marta Hawryschko

Die Kampagne gegen Hawryschko – berufliche Repressalien, öffentliche Denunziationen sowie Mord- und Vergewaltigungsdrohungen – hat die Behauptungen der imperialistischen Mächte, der ukrainische Staat kämpfe für „Demokratie“ und „Freiheit“ als Lügengeschichten entlarvt. In Wirklichkeit herrscht in der Ukraine ein zutiefst reaktionäres, von Faschisten durchsetztes Regime.

Am 13. Juli wurde Dr. Hawryschko, seit 2022 Flüchtling, ohne Vorwarnung von ihrer Position am Krypjakewytsch-Institut für Ukraine-Studien, das zur ukrainischen Nationalen Akademie der Wissenschaften gehört, entlassen. Diese Entscheidung stellt einen Verstoß gegen ihren offiziellen Status als Wissenschaftlerin in „unbezahlter Beurlaubung bis zum Ende des Kriegsrechts“ dar. Dieser Schutz wird nominell allen ukrainischen akademischen Flüchtlingen gewährt. Hawryschko ist derzeit Gastdozentin für Holocaust-Pädagogik und Antisemitismusstudien am Strassler Center for Holocaust and Genocide Studies der Clark University in Massachusetts.

Am 22. Juli veröffentlichte die Zeitschrift New Global Politics einen Offenen Brief zur Verteidigung der akademischen Freiheit, der von Dutzenden von Akademikern und Journalisten unterzeichnet wurde. Darin wird Hawryschkos Entlassung als Vergeltungsaktion für ihre politische Kritik an der ukrainischen extremen Rechten verurteilt:

Der Fall ist beispielhaft für eine gefährliche politische Dynamik, in der Kritik an rechtsextremen Ideologien und Ethnonationalismus als „Gefahr für die nationale Sicherheit“ umgedeutet und damit Verfolgung und Zensur legitimiert werden. Akademische Freiheit, Meinungsfreiheit und wissenschaftliche Integrität dürfen nicht politischen oder geopolitischen Loyalitäten untergeordnet werden. Ihre einzigen legitimen Maßstäbe sind intellektuelle Ehrlichkeit und analytische Strenge.

Der Brief wurde von mehreren der renommiertesten Wissenschaftler zum Thema Holocaust und den Verbrechen des Faschismus in der Ukraine unterzeichnet, u.a. von John Paul Himka und Grzegorz Rossoliński-Liebe. Auch David North, der Vorsitzende der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, hat ihn unterzeichnet.

Hawryschko, die im Rahmen der Identitätspolitik tätig ist, hat zuvor ein Buch mit Geschichten von Frauen verfasst, die in der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) gedient haben, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis kollaborierte. Sie veröffentlichte auch mehrere Referate über sexuelle Gewalt gegen ukrainische Frauen nach der reaktionären Invasion Russlands im Jahr 2022. Ihr Buch über die OUN wurde von der russischen Regierung als „extremistische Literatur“ gebrandmarkt.

Doch Hawryschko geriet zunehmend in Konflikt mit den ukrainischen Behörden, weil sie weiterhin faschistische Kräfte innerhalb der Streitkräfte, der akademischen Welt und des Staatsapparats aufdeckte. Ihre Entlassung vom Krypjakewytsch-Institut ist der Höhepunkt einer eskalierenden Reihe von politischen Vergeltungsmaßnahmen, die von den höchsten Ebenen der ukrainischen Regierung und dem akademischen Establishment ausgehen.

Im Oktober 2023 bezog Hawryschko Stellung gegen eine Fotoausstellung im Historischen Museum in Kiew mit dem Titel „Stahlgewitter“, welche die Galizische Waffen-SS-Division verherrlichte. Kurz zuvor hatte das kanadische Parlament den Waffen-SS-Veteranen Jaroslaw Hunka mit stehenden Ovationen empfangen. Die Ausstellung stellte eine Verbindung der Waffen-SS-Division und der Dritten Sturmbrigade der ukrainischen Armee her. Diese Brigade ist mit dem paramilitärischen faschistischen Asow-Bataillon identisch, das in das ukrainische Militär integriert wurde. Als Reaktion auf die Kritik an der Division erklärte ein Asow-Mitglied auf seinem Telegram-Kanal: „Die Angehörigen der Division Galizien sind Helden (...) sie kämpften wie wir für das, was richtig ist.“

Hawryschkos Kritik, dass die „Verherrlichung der Waffen-SS-Division ,Galizien‘ die ukrainische Demokratie in eine Sackgasse führt“, war noch mild im Vergleich zu dem, was über das so genannte „nationale Erinnerungsprojekt“ der Ukraine eigentlich gesagt werden muss. Diese staatlich finanzierte Kampagne propagiert eine verfälschte Geschichte des Zweiten Weltkriegs, in der die Nazis und ihre ukrainisch-nationalistischen Kollaborateure die „Helden“ sind, die Bolschewiki dagegen die Agenten einer jüdischen Verschwörung mit dem Ziel, die christliche Zivilisation zu zerstören. Das ist nicht die Ideologie der Demokratie, sondern des Faschismus.

Obwohl Hawryschkos Kritik so begrenzt war, führte sie zu direkten und lebensbedrohlichen Angriffen des Asow-nahen Pressekanals „Politische Theologie“, der von Jaroslaw Kulyk geleitet wird. Dass Kulyk der Sohn von Wolodymyr Kulyk ist, einem der prominentesten Wissenschaftler der Ukraine, verdeutlicht die engen Verbindungen zwischen der ukrainischen akademischen Welt und faschistischen Kräften. Wolodymyr Kulyk hat mehrere Posten inne als Wissenschaftler an Institutionen wie der University of Alberta, der London School of Economics, Harvard und Stanford. Während er als „Vertreter der Ukraine in der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz“ fungiert, ist sein Sohn Jaroslaw Priester und ideologische Galionsfigur eines offen nazistischen Regiments.

Wolodymyr Kulyk, ein führender ukrainischer Wissenschaftler, ist mit der Harvard University, der University of Alberta und der London School of Economics verbunden. Sein Sohn ist Priester eines Neonazi-Regiments

Dr. Hawryschko entlarvte Jaroslaw Kulyks faschistische politische Aktivitäten und veröffentlichte u.a. Bilder von ihm in einer Nazi-Uniform.

Hawryschko schreibt:

Sobald ich begann, kritisch über ukrainische Nationalisten zu schreiben, verspürte ich nicht nur Druck, sondern wurde von Kollegen bei Konferenzen gemobbt. Mein Chef hat hinter verschlossenen Türen über die „politische Korrektheit“ meiner Artikel diskutiert. Mein damaliger Direktor denunzierte mich daraufhin beim SBU [dem ukrainischen Geheimdienst] als „russische Agentin“. Ich wurde Opfer antisemitischer Angriffe.

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Ein Jahr später behauptete der Akademiker Wolodymyr Kulyk: „Asow hat ihre ideologische Orientierung abgelegt.“ Er verleumdete Hawryschko öffentlich als „Person, die gegen die Ukraine arbeitet“.

Dr. Hawryschko schrieb daraufhin: „Auf diese Weise erklärt er mich zum ,legitimen Ziel‘ für Rechtsextremisten. Er legt den Stein in die Hände derjenigen, die bereit sind, ihn zu werfen.“

Hawryschkos Vorhersage erwies sich als korrekt. Im Januar 2025 wurde sie auf die berüchtigte Todesliste der „Myrotworez“ (Friedensstifter) gesetzt, auf der die persönlichen Kontaktinformationen und Adressen von angeblichen „Feinden der Ukraine“ veröffentlicht werden. Mehrere bekannte politische Gegner des Kiewer Regimes sind schon ermordet worden, nachdem sie auf diese Liste gesetzt wurden. In Hawryschkos Eintrag wird sie als „Verbrecherin“ beschimpft, außerdem enthält er Links zu ihren Social-Media-Konten.

Nachdem Hawryschko auf Myrotworez erschienen war, wünschte ihr Professor Kulyk faktisch den Tod, indem er erklärte, es würde „uns freuen, wenn sie Busyna nachfolgt“. Oles Busyna war ein Journalist, der im Jahr 2015 ermordet wurde, nachdem sein Name und Kontaktinformationen kurz zuvor auf Myrotworez veröffentlicht wurden. Kulyks Schikanen entlarven die Tatsache, dass die gesamte herrschende Kapitalistenklasse der Ukraine, ihre akademischen Institutionen und ihre Sponsoren in Europa, den USA und Kanada politisch und militärisch mit Faschisten und Nazis verbündet sind.

Hawryschkos Familie in der Ukraine wird jetzt schikaniert, und ihre ausländischen akademischen Kollegen wurden bei der Einreise stundenlang über ihre Beziehungen zu ihr verhört. Die Behauptungen des ukrainischen Geheimdienstes SBU, ihm „fehlten die Instrumente“, um die Website Myrotworez zu schließen oder zu blockieren, sind offensichtliche Lügen. Der SBU hatte keine Probleme damit, im Juni 2024 die World Socialist Web Site in der Ukraine zu blockieren, nachdem sie Bogdan Syrotjuk, den Anführer der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten, verhaftet und eingesperrt hatte. Sein politisches „Verbrechen“ bestand darin, ein prinzipieller sozialistischer Gegner des Kriegs zu sein, der zur Einheit der ukrainischen und russischen Arbeiterklasse aufrief.

Trotz dieser Drohungen verurteilt Hawryschko das ukrainische Regime weiterhin auf ihrem X-Account und postet regelmäßig Videos von einfachen Ukrainern, in denen junge Männer auf den Straßen von Zwangsrekrutierern für den Militärdienst aufgegriffen werden. Es ist unverkennbar, dass in der ukrainischen Jugend großer Hass auf den Krieg herrscht. Junge Männer wehren sich zunehmend gegen ihre Verschleppung zum Wehrdienst. Ihre Frauen, Mütter und Freundinnen umstellen oft die Busse und wehren sich gemeinsam mit den Männern. Wegen ihrer prinzipienfesten Opposition gegen die Nazifizierung der Ukraine wird Hawryschkos Leben in Gefahr gebracht. Auf X erklärte sie zu dem offenen Brief:

Ich lasse mein dreizehnjähriges Kind nicht mehr alleine mit dem Schulbus fahren, in die städtische Bücherei oder auch nur in den nächstgelegenen Supermarkt gehen. Ich habe meinen täglichen Weg zur Universität geändert. Ich untersuche sorgfältig alle Paketaufkleber und öffne nichts, wovon ich nicht sicher bin, wo es herkommt. Ich habe wegen der Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, die ich ständig von Neonazis in der Ukraine erhalte, meinen gesamten Lebensstil geändert. In ihren geschlossenen Kanälen diskutieren sie darüber, wie sie mich töten, köpfen, mich mit Säure übergießen, vergewaltigen und lebend verbrennen wollen, gewürzt mit antisemitischen Witzen über Auschwitz, Seife und gestreifte Schlafanzüge.

Im April hatte Jaroslaw Kulyk die Hoffnung geäußert, das faschistische Trump-Regime in den USA würde Hawryschko in die Ukraine abschieben, wo „viele Leute auf sie warten“. Das ist eine sehr reale Bedrohung ihres Lebens.

Die Angriffe auf Hawryschko entlarven nicht nur die Behauptungen der Ukraine über „Demokratie“ als Betrug, sondern auch die nationalistische Lüge, dass der provozierte Krieg mit Russland „alle Klassen [der Ukraine] mechanisch zusammenschweißen“ würde, indem er die Wut der Arbeiterklasse auf einen äußeren Feind richtet. In Wirklichkeit war in der ukrainischen Arbeiterklasse die wütende Feindschaft gegenüber dem Marionettenregime in Kiew nie größer als jetzt. Die rücksichtslose Unterdrückung ukrainischer Arbeiter ist der innenpolitische Ausdruck der internationalen Kriegskampagne des Imperialismus. In den Augen der ukrainischen herrschenden Klasse ist Hawryschkos „Verbrechen“, dass sie den wirklichen Zustand der Klassenverhältnisse im Land öffentlich aufdeckt.

Die WSWS fordert das sofortige Ende der Angriffe auf Hawryschko und die größtmögliche Unterstützung für sie durch Arbeiter, Jugendliche und Intellektuelle. Die Neonazi-Kräfte und staatlichen Behörden, die hinter dem Angriff auf sie stehen, müssen ebenso entlarvt werden wie ihre Söldner in der akademischen Welt! Die Arbeiterklasse muss zu ihrer Verteidigung mobilisiert werden!

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